Wolf Schanze, deutscher Ermittler (Schundheft) by Lutz von Anstatt

Wolf Schanze, deutscher Ermittler (Schundheft) by Lutz von Anstatt

Autor:Lutz von Anstatt [von Anstatt, Lutz]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-12T00:00:00+00:00


Der Wirt

Unmöglich. Grimm Mangel bei den Hebräern? Locker und entspannt vor der Klagemauer? Das würde bedeuten... nein, ausgeschlossen. Einer wie Mangel würde seine Überzeugungen nicht aufgeben und zum Feind überlaufen. Oder stand er unter Drogen? Den Itzigs musste man alles zutrauen.

Schanze hatte sich von Marianne Fürst vor dem Café verabschiedet und lief nun nachdenklich durch die Stadt. Die Frau hatte ihm versprochen, sich nach diesem Theo umzuhören, viel Hoffnung jedoch machte sie Schanze nicht. Man würde miteinander in Verbindung bleiben.

Es dämmerte. Der Ermittler saß grübelnd am Fenster, in der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen ein Wurstbrot. Zwischen all den Szenarien, den unmöglichen und den unmöglichsten – andere brachte er partout nicht zustande – tauchte immer wieder Rabea Thalmann auf, halb Engel halb Teufel, so wie die ganze Frau ein Mischling zu sein schien, ein Opfer der sexuellen Exzesse ihrer Vorfahren. Sie arbeitete im DORO'S hatte sie gesagt, einem Lokal, das Schanze nur dem Namen nach bekannt war, eine Art Bar, in der die Bardamen vollständige Bekleidung trugen, wie man hörte, und in der ein Bier mehr kostete als ein Vollsuff bei Gerold.

Schanze zählte seine verbliebene Barschaft und seufzte. Zwei Bier im DORO'S, höchstens, mit etwas Glück gab es gratis Erdnüsse. Er zog sich an und verließ das Haus.

Auf dem Weg in die Stadt besserte sich seine Laune. Mangel musste seinen angeblichen Tod selbst inszeniert haben und Jerusalem, die Höhle des Löwen, war das ideale Versteck vor den Schergen der Weltverschwörung. Das Foto? Schanze glaubte sich zu erinnern, dass beim Besuch der Klagemauer ein Käppi obligatorisch war, doch weder Mangel noch Thea hatten eines aufgehabt. Das Foto ließ sich also nur als eine Verhöhnung des Judentums interpretieren. Schanze grinste. Nationalsozialismus und Humor waren Synonyme.

Das DORO'S lag unweit des »Kiffhäuser«, direkt neben der Filiale einer amerikanischen Bulettenbraterei, in der arglose arische Jugendliche mit schlechter Nahrung verweichlicht wurden. Schanze stöhnte und trat an den Glaskasten neben der Lokaltür, wo man ihm verriet, ein Bier koste 16 Euro und eine Flasche Champagner sei gegen Vorlage einer Verdienstbescheinigung auch in 24 bequemen Monatsraten abzuzahlen.

»Entschuldigung, Schatz!« Der dies sagte, schob Schanze zur Seite und enterte die drei Treppenstufen zum Eingang. Er stank nach Pomade und Klosterfrau Melissengeist, seine Hüften bewegten sich wie unter permanenten Elektroschocks. Dem Ermittler fiel es wie Schuppen von den Augen: Hier verkehrten Homosexuelle! Und einer von denen hatte ihn soeben berührt!

Es war wissenschaftlich erwiesen, ein schlichtes historisches Faktum, dass amerikanische und britische Flugzeuge in den letzten Wochen des Krieges nicht nur Bomben, sondern auch eigens gezüchtete Viren über Großdeutschland abgeworfen hatten, um die heimtückische Krankheit der Sodomie auf ewig in deutsche Blutbahnen zu befördern. Mit dem bekannten Resultat: Vizekanzler, Ministerpräsidenten, Showstars und katholische Priester brüsteten sich offen ihrer sexuellen Abartigkeit, die sich via Tröpfcheninfektion rasant ausbreitete. Es würde nach der Befreiung vom Joch der Fremdherrschaft viel Gas brauchen, den Volkskörper davon zu heilen.

Schanze hatte sich, solch panischer Gedanken übervoll, einige Schritte an der Fassade des DORO'S entlang bewegt und stand nun vor einer schmalen Gasse, die ins Dunkel führte. Er ging hinein, vorsichtig und lauernd.



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